Hinweis

Ihre Browserversion wird leider nicht mehr unterstüzt. Dies kann dazu führen, dass Webseiten nicht mehr fehlerfrei dargestellt werden und stellt ein erhebliches Sicherheitsrisiko dar. Wir empfehlen Ihnen, Ihren Browser zu aktualisieren oder einen der folgenden Browser zu verwenden:

Predigerinnen-Tag in Schönderling und Breitenbach

Predigt von Dr. Cordula Gerlach zu Joh 14,23-29 und Apg 15,1-2.22-29

Waren Sie schon einmal bei einer Autorenlesung?

Da sitzt der Autor vor einem interessierten Publikum und liest Passagen aus seinem Buch vor und die Zuhörer haben auch die Chance Fragen zu stellen und diese werden dann erläutert und der Schriftsteller erklärt auch gerne, wie und warum es zu diesem Buch gekommen ist. Natürlich hofft er oder sie darauf, dass das Buch Interesse weckt, gekauft und ganz gelesen wird und …möglichst auch weiterempfohlen wird.

So ähnlich ist es bei uns in jedem GD, da hören wir Abschnitte aus der Bibel, aus dem alten und neuen Testament. Weil die Texte alle mindestens 2000 Jahre alt sind, braucht es häufig Erläuterungen zum besseren Verständnis. Dies geschieht in der Predigt. Die Interpretation und Auslegung eines Textes sind aber auch abhängig von der Lebenserfahrung und Persönlichkeit der Prediger. Da diese in unserem katholischen Fall nun im Allgemeinen männliche Theologen sind, hat der Deutsche Katholische Frauenbund im letzten Jahr eine Aktion ins Leben gerufen, um ein wenig diese Einseitigkeit aufzulösen. Nämlich einen Predigerinnen Tag im Mai, bei dem Frauen das Wort Gottes auslegen. Deshalb stehe heute ich hier und übernehme diese Aufgabe.

Die Abschnitte aus der Bibel, die wir hören, sind meistens relativ kurz. Und wenn es sich nicht gerade um eine abgeschlossene Geschichte handelt, wie die des barmherzigen Vaters oder des Zachäus, ist nicht auf Anhieb der Zusammenhang zu erkennen.

Wie bei dem heutigen Evangelium des Johannes: Das beginnt: In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngern. In jener Zeit? Damit ist die Situation im Abendmahlsaal gemeint. Das Mahl ist beendet, die Fußwaschung vorbei, Judas als Verräter enttarnt und er hat den Saal bereits verlassen.

Da richtet Jesus das Wort an seine Jünger. Er weiß, was auf ihn zukommt, weiß, dass eine schwierige Zeit den Jüngern bevorsteht.

Ich stelle mir das ein bisschen vor, wie vor einem wichtigen Fußballspiel in der Kabine. Der Trainer gibt letzte Anweisungen und Tipps, schwört den Kampfgeist der Spieler herauf, redet ihnen gut zu. So auch bei Jesus: Er schwört sozusagen die Jünger in seinem irdischen Leben zum letzten Mal auf sich ein:

Passt auf, so wird es geschehen, ich sage euch das, damit ihr merkt und glaubt, wenn es dann eintritt!

Verzagt nicht, ich komme zu euch zurück!

Ich gebe euch meinen Frieden, ganz anders, als ihr das erwartet!

Der Heilige Geist wird kommen und euch stärken!

Und haltet an meinem Wort fest!

Wenn mich jemand liebt, wird er an meinem Wort festhalten und mein Vater wird ihn lieben. Wer nicht an meinen Worten festhält, liebt mich nicht.

Das Wort ist also zentraler Baustein für den Glauben der Jünger, und damit auch für uns Christen. Nun besteht das Wort aber eben nicht nur aus niedergeschriebenen Buchstaben, sondern unter dem Wort Gottes verstehen wir den Willen des Vaters, den Geist, die Haltung und Verhaltensweise Jesu uns Menschen gegenüber. Und das Wort ist uns damit auch Handlungsanweisung, aber auch Hilfsstellung für ein geglücktes Leben. Die vielen Beispiele, die Jesus uns gegeben hat, wollen uns Hilfe und Orientierung sein, gerade auch im Hinblick auf die oft schwierigen zwischenmenschlichen Beziehungen und das Zusammenleben, ob im Kleinen oder Großen.

Dass dies nicht so einfach ist, zeigt uns heute die erste Lesung aus der frühesten Christengemeinde. In der Apostelgeschichte wird von solch einem Konflikt berichtet, bei dem eine alte Tradition im Fokus steht: Nämlich die Beschneidung. Bei den Juden Jahrtausende alte Tradition bis heute.

Ein Teil der Judenchristen bestand darauf, dass auch die Heiden, die zum Christentum gekommen sind, sich nach deren Tradition beschneiden lassen müssten, diese wollten aber nicht. Weil keine Einigung in Sicht war, wurde das Problem vor die Apostel und Ältesten gebracht, sozusagen eine Synode einberufen, das Apostelkonzil in Jerusalem. Da wurde dann ordentlich gestritten bis Petrus folgendes Argument vorbrachte:

Wenn nun Paulus und Barnabas auf ihrer Missionsreise so viele Heiden zum Christentum bekehren konnten und sie an das Wort Gottes glauben, hat dann nicht längst Gott entschieden, in dem er seinen Geist in Juden und Heiden wirken lässt, es für Gott offensichtlich keine Rolle spielt, ob jemand beschnitten ist oder nicht? Und so wurde im Folgenden beschlossen, dass dies keine zentrale Bedeutung hat. Judenchristen können es weiterhin tun, Heidenchristen müssen es nicht.

Wenn ich nun zu heute eine Parallele ziehe, hinsichtlich der Nichtzulassung von Frauen zu den Weiheämtern, frage ich mich: Wenn nun viele Frauen zum Wohle der Gemeinden hauptamtlich als Gemeinde- und Pastoralreferentinnen tätig sind, aber sich auch ehrenamtlich als Lektorinnen, Kommunionhelferinnen, als Wortgottesleiterinnen, als Begräbnisleiterin und als Hospizbegleiterin, in der Kommunionvorbereitung und im Kinderkirchenteam einsetzen…, hat dann nicht schon längst Gott entschieden, indem er mit seinem Geist diese Frauen bestärkt und befähigt? Das Geschlecht also keine Rolle spielt?

Ich denke, diese Herangehensweise wäre auf viele Probleme, um die wir in der Kirche streiten und um Lösungen ringen, anwendbar:

Steckt das Wort Gottes dahinter oder in erster Linie eine lange lieb gewonnene Tradition?

Tradition ist veränderlich, Gottes Wort ewiglich!

Dr. Cordula Gerlach